Eingewöhnungsmodell
Eingewöhnung in Anlehnung an das „Berliner Modell“

Die Individualität eines jeden Kindes zeigt sich auch in der Bewältigung der neuen Situation „Kindertages­stätte“. Die vertraute Umgebung wird verlassen, es sind viele Kinder unterschiedlichen Alters in einem Raum, unbekannte Erwachsene, unbekannte Abläufe. Jedes Kind reagiert anders beim ersten Betreten einer neuen Einrichtung.

Damit es sich trotzdem wohl und geborgen fühlen kann, wird es eine Zeit lang von seinen Eltern bzw. seiner primären Bezugsperson begleitet. Das genaue Vorgehen nennt sich Berliner Modell.

Dieses Modell der Eingewöhnung wurde von dem Institut für angewandte Sozialforschung frühe Kindheit e. V. (INFANS) in Berlin entwickelt und wird nun in vielen Kindertagesstätten als Konzept für die Startphase genutzt, um Kinder nicht alleine zu lassen und sie in den neuen Alltag einzuführen.


Grundsätzliches

Um individuell auf jedes neue Kind in der Kindertagesstätte eingehen zu können, widmet sich ihm ein/e Erzieher/in für die Zeitspanne der Eingewöhnungs­phase. In Zusammenarbeit mit den Eltern wird im Vorfeld geklärt, welche Aufgaben den Eltern zufallen, welches Ziel die Eingewöhnung verfolgt und mit welchen Schwierigkeiten, aber auch Vorteilen gerechnet werden sollte. Wichtig ist, dass die Eltern möglichst keinen Zeitdruck haben, ihr Kind abgeben zu müssen. Die Begleitphase kann bis zu drei Wochen dauern.

Im Vorfeld (ein bis zwei Wochen vor Beginn der Eingewöhnung) wird mit den Eltern bzw. der Bezugsperson, die das Kind begleitet, ein Gespräch geführt, das mögliche Trennungsängste, Zweifel oder Fragen klären soll. Denn Trennungsängste der Bezugsperson projizieren sich immer auch auf das Kind und erschweren somit den Eingewöhnungsprozess, machen ihn teils sogar unmöglich. Die Bezugsperson hat die Aufgabe, der „sichere Hafen“ für das Kind zu sein. Dabei geht es darum, nicht zu sehr in das Geschehen und Spielen des Kindes einzugreifen, sondern präsent zu sein und dem Kind die ungeteilte Aufmerksamkeit zu schenken. So fühlt es sich sicher und kann jederzeit zurückkehren.

Trennungsschmerz von Seiten des Kindes ist normal und völlig berechtigt. Nur, weil das Kind weint, bedeutet es nicht, dass es sich nicht in der Kindertagesstätte wohlfühlt. Hier muss nur darauf geachtet werden, in wieweit es sich trösten lässt.

Das Modell
Grundphase (etwa drei Tage)

Während der Grundphase lernt das Kind zusammen mit seiner Bezugsperson die Einrichtung, die Kinder und die Erzieher/innen kennen. Die Bezugsperson bleibt mit dem Kind im Raum und sitzt an einem Ort, um dem Kind eine Rückkehr jederzeit zu ermöglichen. Das Kind beginnt von selbst die Umgebung zu erkunden, wenn es dazu bereit ist. Es versichert sich von Zeit zu Zeit, ob die Aufmerksamkeit von Mama oder Papa noch bei ihm liegt und kehrt eventuell immer wieder zurück. Der/die Erzieher/in versucht sich dem Kind anzunähern, allerdings vorsichtig durch Spielangebote. In der Grundphase finden keine Trennungsversuche statt. Anzeichen für eine längere Eingewöhnungszeit sind beispielsweise häufige Blickkontakte zur Bezugsperson, offene und unbefangene Annäherung bis zum Körperkontakt während der ersten drei Tage.

Trennungsversuch (4.Tag)

Am vierten Tag beginnen die Trennungsversuche. Je nach Reaktion des Kindes kann die erste Trennung bis zu 30 min. ausgedehnt werden. Die Bezugs­person entfernt sich zwar aus dem Raum, in dem sich das Kind befindet, bleibt aber in der Einrichtung. Zeigt das Kind Anstrengungen, mit Belastungssituationen selbst fertig zu werden oder sich an den/die Erzieher/in zu wenden, kann von einer kürzeren Eingewöhnungsphase ausgegangen werden. Bei starrer Körperhaltung oder untröstlichem Weinen als Reaktion auf die Trennung muss die Bezugsperson sofort wieder geholt werden.

Stabilisierungsphase

In dieser Phase übernimmt der/die Erzieher/in die Versorgung des Kindes, zunächst noch mit Anwesenheit der Bezugsperson. Dazu gehören Füttern, Wickeln und Anziehen. Auf Signale des Kindes wird immer zuerst von dem/der Erzieher/in reagiert. Die Bezugsperson nimmt sich zurück. Die Trennungs­versuche wiederholen sich nun täglich und dehnen sich unter Beobachtung der Reaktionen des Kindes immer weiter aus. Die Bezugsperson ist zunächst noch in der Einrichtung, um beim Scheitern einer Trennung sofort wieder geholt werden zu können.

Schlussphase

Die begleitende Bezugsperson übergibt das Kind dem/der Erzieher/in und geht, ist allerdings jederzeit erreichbar, falls die Beziehung zwischen Kind und Fachkraft doch noch nicht ausreichend stabil ist. Die Trennungsphasen sind nun mittlerweile über mehrere Stunden ausgedehnt und ermöglichen so den Eltern das Verlassen der Einrichtung. Wenn das Kind den/die Erzieher/in als sichere Basis akzeptiert hat und sich von ihm trösten lässt, ist es sicher eingewöhnt. Die Trennungsphasen werden nun immer weiter erhöht, bis die gewünschte Betreuungszeit erreicht ist.

Gerade in einer Kindertagesstätte mit flexiblen Betreuungsmodellen ist es absolut notwendig, eine kindorientierte Eingewöhnung anzubieten, um diese erfolgreich abschließen zu können.